Eine Münchner Fußball-Geschichte

Im November komme ich nach München, seit Jahren. Ansonsten lebe ich meist fünfhundert Kilometer entfernt.

Vor drei Tagen rief mich meine Mutter an, am helllichten Nachmittag.

Es musste etwas Wichtiges sein. Denn wir telefonierten üblicherweise nur morgens oder abends, wenn überhaupt.

Sie zahle mir zum Namenstag (der in knapp einem Monat ist) zwei Karten für ein Heimspiel von 1860 im Grünwalder Stadion.

Zuerst war ich perplex. Mein letztes Mal im Stadion war vor gut fünfzig Jahren, zu Max Merkel-Zeiten.

‚Und warum zwei Karten?‘

‚Damit du nicht allein hin musst. Nimm den H… mit.‘

1. H… ist ein Freund von mir.

2. H… ging früher schon nicht zum Fußball. Wieso sollte er das jetzt tun?

Hatte meine Mutter auf  Einwürfe gewartet?

‚Wenn du niemand findest, dann gehe ich mit.‘

So, jetzt hätte ich wirklich einen Stuhl gebraucht, wenn ich nicht schon gesessen wäre.

Zuerst prustete ich los: ‚Du willst zum Fußball? Der hat dich noch nie interessiert. Du hast doch noch nie ein Spiel gesehen.‘

Das ließ sie nicht auf sich sitzen. Sie habe in der Wohnung herumgekruschtelt und sei dann müde geworden, habe sich vor den Fernseher gesetzt und da zufällig das Spiel 1860-Schweinfurt übertragen wurde, habe sie da zugesehen. Und die ganze Zeit mitgefiebert.

Sie freute sich wie ein kleines Kind. Über ihre Tat oder weil sie mich sprachlos gemacht hatte?

‚Meinst du das ernst mit dem Stadion?‘

Sie ließ keinen Zweifel aufkommen. Ich sagte, ich überlege es mir und schaue, wann Heimspiele seien. Dann äußerte sie doch leichte Zweifel, da sie die Massen von Leuten nicht vertrage.

‚Ah, das war nur Spaß. Du machst jetzt einen Rückzieher?‘

Ein forsches ‚Nein‘ machte mir klar, dass ich ins Stadion sollte.

Mal schauen, ob Gruffties einen Sitzplatz bekommen oder ob schon alles ausverkauft ist. Meine Mutter ist 91 Jahre und wäre das erste Mal live bei einem Fußballspiel. Bei mir fängt das Leben gerade an, frei nach Udo Jürgens.

Man sieht sich.

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