Lektoratsbeispiele

Beispiele aus zwei Büchern für ein Lektorat und was an die Schule zurückverwiesen werden müsste.

1) „… näherte sich ein Fahrrad, das Surren des Dynamos dröhnend in der Morgenstille. …“

Surren – Dynamo: ok; Surren – dröhnend: ?? Surren ist leise, dröhnend ist laut. Lösungsvorschlag (LV) … Dynamos zerschnitt/durchbrach die Morgen… oder völlig andere Aussage. Zum Rhythmus des Textes passen außerdem zwei getrennte Sätze besser.

2) „… blondes Mädchen rannte mit gefütterter Sportjacke …“ – (geklaut?) LV: rannte nach Sportjacke stellen, denn die Eigenschaft gehört zum Mädchen.

3) „… wenn sich nichts bewegt, war es vorbei.“ LV: ist statt war.

4) „An den Tagen nach der Geburt ging ich in die Arbeit. Ich schrieb keinen guten Code …“ (1. und 2. Satz der Geschichte). Mein erster Gedanke: extrem frühreif. Später stellt sich heraus, dass sich die Geburt, auf sein Kind bezieht.

5) „Der Alltag ist ein kaum begreifbares Ding..“ – Dinge sind in der Regel greifbar, der Alltag ist kein Ding. Autor wollte unbedingt das Wort ‚Ding‘ im 1. Satz des Buches haben. „deshalb keine Diskussion. Gemeint war, dass es mit dem Alltag so ein Ding ist. War aber so nicht geschrieben.

6) „…Ende der Straße schallte mir das Gelächter … Sie und ihre Freunde würden dann wohl die letzten Menschen sein, die ich traf. Natürlich sahen oder hörten sie mich nicht.“

In ersten Satz sind zwei Fehler. „„.. die ich traf …“ LV: die ich treffen werde. (hat ja noch nicht getroffen) Evtl.: auf die ich treffen werde. (Ergibt sich aus dem Sinn des Absatzes.)

Zweiter Fehler: „… würde …“ Warum trifft er sie nicht? Schreibt jedoch, dann, dass sie sich treffen. LV: … werde.

Hier ist die Schule gefragt. Manchem Autor ist der Konjunktiv nicht geläufig, obwohl er ihn oft verwendet. Leider fast immer unzutreffend. Ergibt sich aus dem Sinn. Beispiel:

„Der Bus würde in wenigen Minuten kommen und ihn …“ Frage warum kommt er nicht? Der Satz verlangt eine Erklärung mit ‚wenn‘. Der Bus würde kommen, wenn es einen Fahrer gäbe.

Was ist der Unterschied in den drei Formen?

Er sagte, dass der Bus kommen wird. (Der Bus kommt sicher)

Er sagte, dass der Bus kommen werde. (Die Wahrscheinlichkeit, dass der Bus kommt ist bereits geringer.)

Er sagte, dass der Bus kommen würde. (Die Wahrscheinlichkeit, dass der Bus kommt ist extrem unwahrscheinlich. Es fehlt z.B. ein „weil der Fahrer …)

Dies sollte einem eine (höhere) Schule beibringen. Das ist Grundhandwerk oder/und Sprachgefühl.

Den würdelosen Umgang mit dem Konjunktiv habe ich aus einem Buch, in dem drei Autoren die jeweiligen Urheber sind. Ein Beispiel, dass gegenseitiges Korrekturlesen manchmal nur bedingt hilfreich ist.

Der Würde-Fehler taucht in erster Linie dann auf, wenn ein Text in der 1. Vergangenheit (Infinitiv) geschrieben ist und etwas Zukünftiges ausgedrückt wird. Ich behaupte, der Fehler wird öfter gemacht. Aber nicht, dass er öfter gemacht würde.

Zu 6) „.. Natürlich sahen sie mich nicht.“ (Erzähler ist unsichtbar.) ‚sahen mich nicht‘ gibt auch so keinen Sinn, weil Menschen nicht um die Ecke schauen können. Auch nicht, wenn etwas Sichtbares dort steht.

7) „… die Leute teilten sich …“ Ach, die Armen, waren dann alle tot? LV: … die Menge teilte sich.

8) „… desinfizierte sich die Hände.“ (Umgangssprache) LV: ohne ‚sich‘.

Als Beispiele soll das genügen. Autoren können ihre Texte in diese Richtung durchforsten. Viel Spaß. Und: Ich bin auch nicht allwissend!

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